Da ich ja ab und an auch meinen Erzeuger in Köln besuche fahre ich mit der Bahn. Und ich bin sicher nicht der einzige, dem aufgefallen ist, dass es in der Bahn gerade unter den in Grüppchen/Paaren reisenden wirklich jede Menge lustige Exemplare gibt.
Da sind die zwei jungen Männer, von denen einer so laut über irgendwas sinnloses redet, dass es dem anderen fast peinlich ist.
Da sind die Geschäftsmänner, die sich ein wenig über die Strategie für den März unterhalten.
Da ist das ältere Ehepaar, das irgendwie deplatziert wirkt im Hochmodernen Bahnverkehr.
Da sind die reichen Erste-Klasse-Seniorinnen, die wie die Hühner im Raucherviereck auf dem Bahnsteig stehen und mit ihren Zigarettenverlängerungen abschätzig auf die Gangzta-Bitches schauen, die neben ihnen rauchen.
Da sind die Interrailer, die "German Beer" trinken und jeden in ein Gespräch darüber zu verwickeln zu suchen.
Und da sind diese Personen, denen ich diesen Text widme.
Frauen in den besten Jahren.
Wann das genau ist, weiß ja eigentlich keiner so richtig.
Frauen in den besten Jahren sind so etwas wie junge Teenager: sie tauchen in Rudeln auf, reden so laut, als wären sie die einzigen auf der Welt und beziehen ihre Umwelt lautstark in ihre Aktivitäten ein. So kommt es durchaus vor, dass einem auf der Heimfahrt von Köln so ein Rudel begegnet, welches feucht-fröhlich den Köllsche Karneval genossen hat und nun den ganzen Wagen mit Gesang unterhält und mindestens jeden Reisenden und den Schaffner respektive die Schaffnerin fragt: "willsu nich bei uns mitttttrinken?" *hicks*.
Auf meiner vorletzten Reise aber durfte ich ein besonders unterhaltsames Rudel beobachten.
Frauen, die nicht nur alle in den besten Jahren waren, sondern auch noch unterschiedlicher waren, als sie hätten sein könnten. Und das nicht nur vom Alter! Eine hatte zum Beispiel einen roten Schal um den Kopf. Eine andere sah aus, als würde sie privat Mercedes fahren und im Urlaub mit der Queen Mary 2 nach New York reisen.
Ich dachte spontan an Pilates oder Joga. Nur dort treffen solche Individuen aufeinander.
Nachdem wir in die S-Bahn gestiegen waren, fingen die Frauen an, dem Wagen mitzuteilen, wie sie sich kennen gelernt hatten.
Also eigentlich erzählten sie es sich gegenseitig, aber sie kannten die Geschichte doch alle, nicht?
Yoga also. Hatte ich mir ja gedacht.
Ein gemeinsamer Ausflug nach Heidelberg war für heute geplant, nachdem der Besuch in Mannheim etwas daneben gegangen war, weil das Auto einer der Frauen kapott war.
Nachdem der Zugführer oder sein Computer den Hauptbahnhof von Ludwigshafen angekündigt hatte (Nächster Halt: Ludwigshafen Hauptbahnhof - Next station: Ludwgshafen main station) kam das Gespräch auf die deutsche Sprache.
Empörung machte die Runde.
"Main Station. Pfff." hörte man aus einigen Mündern.
Eine der Frauen sagte, dass sie da diese Gruppe kenne, die da dieses Lied geschrieben hätten, welches sich mit der Denglisch-Thematik auseinandersetzt. Aus Leipzig.
Die Prinzen, dachte ich.
Die Prinzen, sagte eine von ihnen.
Genau. Speak Deutsch With Mir oder so heißt der Titel. Wirklich himmlisch.
Das passte. Frauen um die 50, die die Prinzen hören.
Ich dachte, sowas hält kein Mann aus.
Aber das ist ja nicht so schlimm, kamen die Damen doch auf den "John am Bahnschalter" zu sprechen, den sie alle gut kannten. Er ist ja sowieso viel besser als das Internetz. Und überhaupt. Da ist ja auch alles Englisch. Und da wird man auch übers Ohr gehauen.
Nein, nichts geht über unsren John.
Der Neffe einer der Frauen, der selbe, der die Stoßdämpfer ihrer Waschmaschine ausgetauscht hatte und gesagt hatte, dass die Waschmaschinen von Siemens auch nicht mehr das sind, was sie mal waren, kommt aber gut mit dem Internetz zurecht. Er kauft da seine Bahntickets. Er hat auch schonmal für seine Tante eins dort gekauft. Das kann man ja einfach so ausdrucken! Verrückt, nicht?
Leider musste ich hier schon aussteigen.
Als ich in den ICE stieg und nach dem Losfahren die Ruhe des Hochgeschwindigkeitszuges zu genießen begann, störte eine Stimme meine Ruhe.
"Herzlich willkommen an Bord des ICE 612 nach Köln, über Flughafen Airport, Siegburg/Bonn und..."
Der Rest ging in meinen Gedanken unter.
Die Frauen hatten schon Recht.
Früher hieß das Frankfurt Flughafen....